Wenigentaft – Ein Ort an der innerdeutschen Grenze

Wenigentaft – Ein Ort an der innerdeutschen Grenze

Wenigentaft ist ein Ortsteil der thüringischen Gemeinde Buttlar im Wartburgkreis, direkt an der Grenze zu Hessen gelegen. Der Ort bettet sich in die Hügellandschaft der nach Norden auslaufenden thüringischen Rhön ein und liegt direkt an den Flüssen Ulster und Taft. Hausberg der Wenigentäfter ist der Buchenberg (310 m NN).


Die Beschlüsse des Wiener Kongresses 1815/16 nach der napoleonischen Besatzungszeit waren für die Geschichte Wenigentafts sehr bedeutend. Als Ort im ehemaligen Fürstbistum Fulda (heute Hessen) wurde Wenigentaft sowie das gesamte Geisaer Amt von seiner bisherigen Verwaltungshoheit abgeschnitten und Teil des Herzogtums Sachsen-Weimar-Eisenach, das später im Land Thüringen aufging. Dies war für Wenigentaft der Aufbruch in die Neuzeit und Grundlage für einen wirtschaftlichen Aufschwung, der vor allem mit dem Bau der Bahn verbunden wird.
Die Gemarkungsgrenzen im Norden und im Westen beeinflussten somit die Entwicklung des Dorfes, insbesondere nach dem zweiten Weltkrieg als es zur Bildung zweier Deutscher Staaten kam. In der Zeit von 1961 bis 1989 waren die einfachen früheren Feldgrenzen damit auch offizielle, nahezu unüberwindbare Staatsgrenze. Sie wurden durch Zaunbefestigungen verstärkt und sogenannte „Grenzer“ bewacht. Zudem befand sich Wenigentaft im sogenannten 500 m Schutzstreifen, sodass die Zufahrt zum Dorf unter zusätzlicher Überwachung stand. Als nicht gemeldeter Einwohner von Wenigentaft war während dieser Zeit ein Besuch des Dorfes nicht ohne schriftliche Erlaubnis (Passierschein) der Behörden möglich. Die Bewohner entwickelten in dieser Zeit eine ausgeprägte Dorfgemeinschaft, die bis heute Bestand hat.
Nach der deutschen Wiedervereinigung 1990 wurden die Grenzanlagen zurück gebaut. Der Verlauf der Grenze ist heute noch sichtbar. Als Teil des Grünen Bandes wird er durch Schafhaltung und Landschaftspflegeprogramme aktiv freigehalten. Er ist in diesem Bereich sehr idyllisch gelegen und als Teil des Point Alpha Wanderweges ausgewiesen. Wer beim Wandern genau hinschaut, erkennt auf Teilstücken die noch teilweise verbliebenen Grenzzäune und Wälle sowie die alten Grenzsteine des Herzogtums Sachsen-Weimar-Eisenach.

Enge Verbindungen zu den hessischen Nachbargemeinden blieben auch während und nach der deutschen Teilung bestehen. Verwandtschaftliche Beziehungen und letztendlich auch die konfessionelle Verbundenheit mit den katholischen Gemeinden im Westen waren Motor für anhaltende enge Beziehungen über die Landesgrenze und schwierige Zeiten hinweg.
Wenigentaft mit Bahnhof war wichtige Durchgangsstation und Knotenpunkt für Reisende aus der Rhön in das Werratal und weiter in Richtung Eisenach. Die Täfter sind daher eine durch Offenheit und Gastfreundschaft geprägte Gemeinde weit über die Grenzen bekannt.
Aufgrund seines Wasserreichtums durch die Flüsse Taft (Dorfwasser) und Ulster gab es zudem zwei größere Mühlen mit hoher Leistungsfähigkeit im Ort, die neben dem dorfeigenem und das Getreide aus den Nachbardörfern (Großentaft, Mansbach, Soisdorf, Ober- und Unterufhausen) mahlten.
Durch Bahnverkehr, Mühlen sowie einer Ziegelei etablierte sich umfangreiches überregionales gesellschaftliches Leben. In der Blütezeit vor dem zweiten Weltkrieg gab es fünf Kneipen und Gastwirtschaften sowie ein Hotel in Wenigentaft (Hodese, Grosche – „Zum Weisen Ross“, Hennings – „Grüner Baum“, Hotelwirtschaft und Bahnhofswirtschaft).

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